Heldinnen
Sie stehen da, der Kopf hoch erhoben, der Blick selbstbewusst und unbeirrbar nach vorne gerichtet. Ihnen kann nichts passieren, ihnen kann keiner was. Ihre Körper strotzen vor Selbstbewusstsein, jeder Zeit haben sie die passende, schlagfertige Antwort parat. Alltagsstress kennen sie nicht, sie sind wunderschön, unglaublich schlau, Fehler sind nicht zu entdecken und ganz nebenbei verändern sie die Welt.
Doch sind das wirklich Heldinnen oder handelt es sich hierbei nicht um Wunschvorstellungen?
Was sind Heldinnen? Wie stellen wir sie uns vor und was sind unsere Erwartungen an sie?
Eins vorneweg, wer eine eindeutige Definition sucht ist hier falsch.
Denn es werden Frauen gezeigt, die Ecken und Kanten haben. Frauen, die nicht dem gängigem Schönheitsideal entsprechen; Frauen die an ihrem Alltag zu zerbrechen drohen; Frauen die unvollkommen sind. Und gerade diese Schwächen machen sie zu den Heldinnen dieser Performance.
Vorgestellt werden die Heldinnen in bester Videospiel Manier. Eingängige Musik wird gespielt, die betroffene Person springt in den Vordergrund und bewegt sich leicht rhythmisch zur Musik. Aus dem Off werden die Heldinnen einzeln beschrieben, ihre Stärken und ihre Schwächen als Einheit präsentiert.
Die einzelnen Sequenzen sind unterbrochen mit bedeutungsschwangerer Musik, die Szenen sind minimalistisch gehalten, die Frau an sich steht im Mittelpunkt, ihr Körper, ihre Empfindungen, ihre Stärke und ihre Wildheit.
Die Heldinnen provozieren von der ersten Sekunde. Ihre Kleidung ist eine herausfordernde Mischung aus übertrieben Sexy (bunte, glänzende Overknee Stiefel) und bewusst mit Klischees spielend (Bomberjacke). Besonders zurecht gemacht sind die Darstellerinnen nicht, das so gut wie nicht vorhandene Make up, die schlicht frisierten Haare unterstreichen den Inhalt: die nackte, geballte Weiblichkeit, welche sich nicht hinter Puder und Rouge verstecken muss.
Es geht um Scham, um Offenheit sich selbst und anderen Gegenüber. Der Mut man selbst zu sein, sich und seinen Körper zu akzeptieren.
Die 70 Minütige Performance ist von der ersten Sekunde an packend, mitreißend und beflügelnd. Sie stellt einen persönlichen Bezug zu dem Zuschauer her und fordert ihn auf sich selbst in einem anderen Licht war zu nehmen, den Blickwinkel zu wechseln und sein selbst zu überdenken.
Temporeich, selbstironisch, selbstbewusst und selbstkritisch zeigt die Inszenierung, dass sie unvorhersehbar, wandelbar und auf eine kindliche Art und Weise magisch sein kann.
Stadttheater Bielefeld
Vorführung: 07.04.2017
Fotos: Stadttheater Bielefeld